Sasha Marianna Salzmann: ''Außer sich''
„Bücher, die es nicht gibt, muss man selbst schreiben“, soll Sasha Marianna Salzmann einmal gesagt haben. Das tut sie und zwar mit beachtlichem Erfolg.
Ihr Debütroman „Außer sich“ stand 2017 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises und brachte ihr neben dem Literaturpreis der Jürgen Ponto Stiftung auch den Mara-Cassens-Preis ein. Der Roman erzählt vordergründig von einer Suche: Alissa sucht nach ihrem vermutlich in Istanbul verschollenem Zwillingsbruder Anton. Die Brudersuche ist gleichzeitig auch eine Selbstsuche.
In ihr leuchten Bruchstücke jüdischer, sowjetischer, postsowjetischer und deutscher Familiengeschichte auf. Sie spiegeln und brechen sich in den Suchbewegungen von Alissa, die zu Ali wird, in Istanbul. Der Ort selbst ist Schauplatz schmerzhafter Veränderungsprozesse. Es gibt nichts, worauf sich die Protagonist*innen verlassen könnten. Keine Begrenzung bietet Halt oder Schutz: weder Staaten, politische Systeme, Herkunft, Heimat oder Haut.
Weder Familie, Namen, Geschlecht, Sexualität oder Körper. Alles, was man gemeinhin unter dem Stichwort Identität subsumieren würde: Es ist angreifbar, verletzlich, ungewiss. „Erinnerungen legten sich aufeinander wie Folien und verrutschten“, heißt es im Roman. Wer sagt dir, wer du bist – zwischen Selbstauflösung und eigentlicher Bestimmung? Zwischen Herkunft und Zukunft? „Außer sich“ erzählt von Ausgrenzungen und Abgrenzung, aber auch von der Solidarität unter denjenigen, die sich selbst nicht in den vorgefertigten Bahnen des Mainstreams verorten können.
Beim Brechtfestival ist Sasha Marianna Salzmann mit ihrem Schriftsteller- Kollegen Deniz Utlu zu Gast. Mit ihm verbindet sie die Erfahrung des kollektiven Schreibens im Autorenduo „Angry Birds“ sowie die gemeinsame Gründung und Herausgeberschaft für das Magazin „Freitext“, das seit 2011 all denjenigen eine Stimme verleiht, die in der herkömmlichen medialen Berichterstattung nicht vorkommen. Auf der brechtbühne wird die Autorin aus „Außer sich“ lesen und im Anschluss daran mit Deniz Utlu über fließende Identitäten ins Gespräch kommen.
Ort: brechtbühne
Tickets: 15€ » 10€
In Kooperation mit dem Theater Augsburg
SASHA MARIANNA SALZMANN ist in Wolgograd und Moskau aufgewachsen. Inzwischen lebt sie als Theaterautorin, Essayistin, Dramaturgin und Kuratorin in Berlin.
Sie studierte Literatur, Theater und Medien in Hildesheim sowie Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin. 2009 erhielt sie den exil-DramatikerInnenpreis der WIENER WORTSTAETTEN, 2012 den Kleist-Förderpreis für junge Dramatiker und 2013 den Publikumspreis der Mülheimer Theatertage. Seit der Spielzeit 2013/14 ist sie Hausautorin am Gorki in Berlin und war bis 2015 Künstlerische Leiterin des Studio.
DENIZ UTLU wurde in Hannover geboren. Er studierte in Berlin Volkswirtschaft mit philosophischem Schwerpunkt. Neben Romanen schreibt er Theaterstücke,
Lyrik, Kurzprosa, Erzählungen und Essays. Sein Roman „Die Ungehaltenen“ erschien 2014 und wurde 2015 im Maxim Gorki Theater für die Bühne adaptiert. Seit 2017 hat er eine eigene Kolumne zu den Themen Politik, Literatur und Reisen im Tagesspiegel.