Stephan Suschke: „Brecht probt Galilei 1955/56“
- 2022
Stephan Suschke ist Regisseur und Schauspieldirektor am Landestheater Linz. Als enger Mitarbeiter von Heiner Müller wirkte an vielen Inszenierungen am Deutschen Theater und am Berliner Ensemble mit, das er von 1997 bis 1999 leitete. Er glaubt nicht daran, dass Brecht in diesen Tagen aktueller geworden ist: „Das Problem ist eher, dass die Wirklichkeit seit dem Fall der Mauer die Texte Brechts eingeholt hat. Brechts Texte sind weiträumig, riesige Projektionsflächen, die es zu beschreiben gilt. Alles was er tat, war geprägt von großer denkerischer Flexibilität und Leichtigkeit. Was ich immer wieder toll finde, ist der sehr genaue, sehr materialistische Blick von ihm auf Menschen und Beziehungen: Wie man lebt, denkt man! Die Ideologien, die heute in ihren unterschiedlichen sektiererischen Ausprägungen wieder an die des 20. Jahrhunderts erinnern, hat er verachtet. Ausbeutung ist kein Phänomen der Ethnien und sexuellen Prägungen. Auch da war dieser „alte weiße Mann“ wesentlich intelligenter: „Schwarzer, Weißer, Brauner, / Gelber! Endet ihre Schlächterei! / Reden erst die Völker selber, Werden sie schnell einig sein“