„Die Große Methode“ – Julian Warner stellt Brechtfestival 2025 vor
- Brechtfestival der Stadt Augsburg 2025 vom 21.02. bis 02.03.
- Titel: „Die Große Methode“
- Festivaleröffnung mit Konzert und Wrestling-Show
- Tanzmarathon „Die 48 Stunden von Augsburg“ – 5000 Euro Preisgeld
- Online-Lernvideos für acht Augsburger Volkstänze, in Kooperation mit dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege
- Uraufführung des Staatstheaters Augsburg: „Deine Arbeit hasst dich, weil sie dich nicht braucht“ (Regie: André Bücker)
- Brechtnacht in der Arena mit Blue Bendy, Fire! Orchestra, Die Sterne u.a.
- Gastspiel „Josef K.“ von DasDas Istanbul
Das Brechtfestival 2025 bittet zum Tanz – genauer gesagt zum Tanzmarathon! Unter der Überschrift „Die 48 Stunden von Augsburg“ steht das Ereignis im Mittelpunkt der dritten und letzten Festivalausgabe des Künstlerischen Leiters Julian Warner. Am 10. Dezember hat Warner mit seinem Team und weiteren Beteiligten das Programm vorgestellt, das nun unter brechtfestival.de öffentlich ist.
Vom Denken ins Handeln kommen: Brechts „Große Methode“
Titel und Arbeitshypothese des Brechtfestivals 2025 ist „Die Große Methode“. Der Schlüsselbegriff aus Brechts theoretischen Schriften begleitet Warners Arbeit seit 2023. Er steht für eine Herangehensweise, die über die rein ästhetische Betrachtung hinausgeht, um gesellschaftliche Strukturen und deren Veränderbarkeit aufzuzeigen. Beim Brechtfestival zielt er darauf ab, aus Brechts Denken heraus ins Handeln zu kommen. Dies schließt insbesondere Allianzen mit zivilgesellschaftlich engagierten Gruppen ein, die mit ihrer Expertise aktiv zum künstlerischen Festivalprogramm beitragen.
„Mit seiner Adaption der „Großen Methode“ gelingt es Julian Warner, Brechts Herangehensweise in die heutige Zeit zu transformieren. Er entwickelt ein Rezept zur Übersetzung Brechts herausragender dramaturgischer und literarischer Arbeit ins 21. Jahrhundert. Warners Programm ist vielfältig, experimentierfreudig, mit vor Ort- und Fernbezug – es lässt unsere Stadt zur Heimat für Alle werden. Ein Highlight wird sicherlich der 48 Stunden-Tanzmarathon. Ein großes Dankeschön an Julian Warner für die Konzeption seiner dritten und letzten Ausgabe des Brechtfestivals. Er zeigt, wie verschiedenste kulturelle Ausdrucksformen eine Stadtgesellschaft mitreißen und verändern können.“, so Kulturreferent Jürgen K. Enninger.
Programmübersicht:
Festivaleröffnung am 21.2.: Konzert und Wrestling-Show in Brechts Kraftklub
Das Minimal Music-Stück „In C“ von Terry Riley gilt als richtungsweisendes Beispiel dafür, wie sich demokratische Prozesse in Musik widerspiegeln. Es kann mit unterschiedlich vielen Musizierenden und mit beliebigen Instrumenten aufgeführt werden, klingt jedes Mal einzigartig und ist praktisch nicht wiederholbar. So auch die Version, die zur Festivaleröffnung am 21.2. erklingt. Ein rund fünfzigköpfiges Ensemble, bestehend aus jungen Musikerinnen und Musikern aus Augsburg und Schrobenhausen, Studierenden des Leopold Mozart College of Music sowie Augsburger Musikprofis, ist an dem Projekt beteiligt. Die Veranstaltung ist eine Kooperation des Brechtfestivals mit dem Staatstheater Augsburg und Mehr Musik!
Auf den durchschlagenden Erfolg von „Kampf um Augsburg“ beim Brechtfestival 2023 folgt nun die Fortsetzung des vom epischen Theater inspirierten Wrestling-Formats: Beim „Kampf um die Stadt“ von Veronika Maurer und Julian Warner wird in Brechts Kraftklub aus Kulturkampf wieder Klassenkampf. Wie geht es aus, wenn sich die Kleinen Leute aus den Fängen der Mächtigen befreien? Auf zum großen Showdown! Und danach? After-Show-Party mit DJ Gerald Donald.
Nur wer tanzt, kann gewinnen: „Die 48 Stunden von Augsburg“
Der Tanzmarathon „Die 48 Stunden von Augsburg“ ist das Herzstück des Brechtfestivals. Er vereint Musik, Show und das Austesten körperlicher Grenzen mit Migrationsgeschichte und der ansteckenden Euphorie des Tanzens.
Zwei Wettbewerbsformate sorgen für Spaß, Spannung und reichlich Drama. Sie werden auf der Langstrecke und auf acht Kurzstrecken mit Augsburger Volkstänzen ausgetragen, die aus allen Ecken der Welt hierher gefunden haben. Für diese acht Tänze stehen auf der Festivalwebseite Lernvideos bereit, die in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege Bayern und mit Unterstützung der Volksmusikberatung des Bezirks Schwaben entstanden sind.
Um bei der Langstrecke mitzumachen, muss man sich bis 20.12. online registrieren und sollte sich gut vorbereiten. Wer 48 Stunden auf der Tanzfläche besteht und dabei die beste Figur abgibt, gewinnt ein Preisgeld von 5.000 Euro. Alle anderen können jederzeit und quasi rund um die Uhr zu einzelnen Sessions, Lektionen, Shows und Specials einchecken, bei den Kurzstrecken Preise einheimsen oder einfach zuschauen, mitfiebern, mittanzen – sei es beim Opernball, beim Techno-Rave oder bei der Kinderdisko.
Beim Tanzmarathon gibt es Live-Musik, wechselnde DJs, Tanzlektionen und Ehrenpreise aus den beteiligten Communities. Auf und am Parkett außerdem dabei sind Sänger und Performer Damian Rebgetz, die Band Hochzeitskapelle, Tanzmeisterin Katharina Mayer, das Berliner Anarcho-Figurentheater Das Helmi, viele Augsburger Vereine, Sport- und Tanzexpertinnen und Experten sowie eine Reinkarnation von Bertolt Brecht im Handtaschenformat.
Musiktheater, Schauspiel und Uraufführung mit dem Staatstheater Augsburg
Das Staatstheater Augsburg bringt Brecht‘sche Praxis auf seine Bühnen im Ofenhaus und im martini-Park. Neben Aufführungen von „Mutter Courage und ihre Kinder“ und „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ feiert das Auftragswerk „Deine Arbeit hasst dich, weil sie dich nicht braucht“ – ein Lehrstück für das 21. Jahrhundert von Dietmar Dath – beim Festival als Uraufführung am 22.2. Premiere (Regie: André Bücker). Ein temporeicher und visionärer Abend rund um KI und den leibhaftigen Bertolt Brecht. Unterstützt von Plan A und in Kooperation mit Aka:Nyx e.V. sowie dem Brechtfestival entsteht das Stück „Importbräute - Mein Schleier, das Henna und ihre Tränen“ von Merve Kayikci und Dorothea Schroeder, das am 23.2. als Stationentheater zur Uraufführung kommt. Die Stückentwicklung erzählt Geschichten von Frauen, die aus einem fremden Land nach Deutschland kamen, vertraut nur mit ihrem Ehemann.
Brechtnacht in der Arena am 22.2. mit der Band „Die Sterne“
Das Line-up der Brechtnacht kombiniert Neuentdeckungen mit Klassikern und lokale Musikszene mit internationalen Stars. Die Band „Die Sterne“ um Frontmann Frank Spilker verpackt ihre gesellschaftskritischen Texte seit den frühen 1990ern in funky Indie-Rock und elektronische Sounds. Beim Brechtfestival teilen sich die Hamburger die Konzertarena mit „Blue Bendy“ – (noch) ein Geheimtipp, der aufblühenden Indie- und Postpunk-Szene im Süden Londons entsprungen. Das sechsköpfige Kollektiv um Sänger Arthur Nolan entfaltet eine ambitionierte Klangpalette, die von weitreichenden Pop-Arrangements bis zu überraschenden, unkonventionellen Wendungen reicht.
Mats Gustafssons „Fire! Orchestra“ kollaboriert für die Brechtnacht mit erfahrenen Musikschaffenden sowie Newcomern aus Augsburg und Umgebung. Aus den Riffs und Melodien des „Orchestra“ erschaffen sie gemeinsam bis dato nie gehörte Arrangements zwischen Avantgarde Jazz und Prog Rock. Local Heroine „Josy“ spielt in ihren experimentellen Songs mit R&B, Industrial und Electronica. Die britische Musikerin, Sängerin und Produzentin Annika Henderson alias „Anika“ fesselt das Publikum mit ihrer eindringlichen Stimme und schafft sphärische Klangwelten zwischen hypnotischen Melodien und experimentellen Klängen.
Starke Handschrift: „Josef K.“ mit dem DasDas Theater Istanbul
Mit der Deutschlandpremiere von „Josef K.“ präsentiert das Brechtfestival nach 2024 zum zweiten Mal eine starke künstlerische Handschrift aus der Türkei. Tom Basdens düster-humorvolle Bühnenadaption des Kafka-Romans „Der Prozess“ katapultiert dessen Protagonisten Josef K. ins 21. Jahrhundert. Sein Endgegner dort ist ein gesichtsloses Rechtssystem, dessen Unberechenbarkeit den persönlichen Kampf um die Freiheit zu einem absurden Unterfangen werden lässt.
Die Große Methode: Werkzeug und praktische Lehre
Zum Auftakt mit Brecht ringen und beim Abschluss tanzen, als würde es kein Morgen geben: Das ist die Warner‘sche Klammer beim Brechtfestival und seine Lesart von Brechts „Großer Methode“.
„Brecht schreibt: »Die große Methode ermöglicht, in den Dingen Prozesse zu erkennen und zu benutzen. Sie lehrt Fragen zu stellen, welche das Handeln ermöglichen.« Ich verstehe das als einen methodischen Auftrag: kuratorisch und künstlerisch. Denn wenn die Gesellschaft sich ändert, die Festivalbesucher und ihre tradierten Geschichten und Bräuche vielfältiger werden, die technologischen Mittel sich entwickeln und die materiellen Bedingungen sich verändern, so ändert sich zwangsläufig das Verständnis von Theater.“, erklärt Festivalleiter Julian Warner.
Folgerichtig besteht Warners kuratorisches Selbstverständnis nicht darin, ein Programm nach dem Privatgeschmack eines Kurators zusammenzustellen – vielmehr schafft er durch seine Herangehensweise vielstimmige Begegnungsräume, in denen Menschen mit ihren unterschiedlichen Geschichten aufeinandertreffen und diese untereinander teilen. So spinnen Düzgün Polat und Hüseyn Yildiz mit ihrer literarischen Collage „Brecht-Hikmet“ einen fiktiven Dialog zwischen Bertolt Brecht und dem türkischen Dichter Nâzım Hikmet. Schülerinnen und Schüler aus Augsburg und Ljubliana setzen sich in einer Ausstellung mit den Rechten von Kindern auseinander, die Autorinnen Emma Braslavsky aus Berlin und Regina Kanyu-Wang aus China tauschen Science-Fiction Utopien aus. Eine wissenschaftliche Tagung durchleuchtet die Handlungsoption „Brecht ohne Garantien“. Beim „Volksentscheid der Lebewesen“ diskutiert Club Real mit dem Publikum die Mitbestimmungsrechte der Lebewesen in den welterbegeschützten Kanälen Augsburgs. Der Podcast „Liebe Tante Helli“, eine Initiative des Brechtkreises und des Jüdischen Museums Augsburg, beleuchtet die Beziehung zwischen Helene Weigels jüdischer Familie und ihrem Augsburger Stiefsohn Frank Banholzer.
Infos zum Programm zu Beteiligten, zu Spielorten und Ticketing unter brechtfestival.de. Änderungen vorbehalten.
Ausführliche Informationen zum Tanzmarathon sowie Registrierung für die Langstrecke über brechtfestival.de. Registrierungen werden bis 20.12.24 angenommen, die Anzahl der Plätze ist begrenzt.
Kurzbiografie Julian Warner: Julian Warner ist ein deutsch-britischer Kurator und Künstler. Er ist künstlerischer Leiter des Brechtfestivals Augsburg 2023-25 und veröffentlicht unter dem Alias Fehler Kuti Popmusik und Performances. Er co-kuratierte Performing Arts Festivals für das Künstler*innenhaus Mousonturm, die Münchner Kammerspiele und die Berliner Sophiensaele. 2021 entwarf er für das internationale Theaterfestival Spielart ein Großprojekt im öffentlichen Raum zu gegenwärtigen Diskursen der Angst („Global Angst: Parlament. Parade. Ritual.“). 2022 war er künstlerischer Leiter des Festivals der Kultur-Region Stuttgart „Über:Morgen“. Er ist Herausgeber eines Sammelbandes zu Problemen der postkolonialen Kritik in Deutschland: After Europe. Beiträge zur dekolonialen Kritik (Verbrecher Verlag, 2021) und war 2022-23 Gastprofessor für Dramaturgie an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Julian Warner ist Mitglied des Präsidiums des ifa - Institut für Auslandsbeziehungen und Artistic Fellow am Käte Hamburger Kolleg global:disconnect an der LMU München.
Info Brechtfestival: Das Brechtfestival Augsburg wird veranstaltet vom Brechtbüro im Kulturamt der Stadt Augsburg in Kooperation mit dem Staatstheater Augsburg. Partner des Brechtfestivals ist die Stadtsparkasse Augsburg. Hauptsponsor des Brechtfestivals sind die Stadtwerke Augsburg. Mit freundlicher Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst, des Bezirks Schwaben, des Goethe Instituts, des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege e.V. und der Medienpartner ARTE, taz und Theater der Zeit. Dank an die Firma Segmüller.
Pressekontakt
Tina Bühner
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