"Her mit den scharfen Kanten!" - Abschlussmeldung B23

Foto: Bruno Tenschert

Her mit den scharfen Kanten!“

Das Brechtfestival Augsburg feierte vom 10. bis 19. Februar 125 Jahre Bertolt Brecht

Was ist das Erbe des vor 125 Jahren in Augsburg geborenen Dichters Bertolt Brecht? Wie zeigt es sich? Wer lebt es? Ist es nützlich? Julian Warners erstes Brechtfestival erforschte dies zehn Tage lange intensiv und tauchte ein in „Brecht’sche Welten“ – zum Beispiel auf dem Tanzboden eines Trachtenvereins, in der Sauna, im Wrestling-Ring, an einem Webstuhl oder unter einem Teppich.

„Brecht’s People“ lautete das Motto – und sie waren da: Leute aller Art, viele davon wahrscheinlich zum ersten Mal beim Brechtfestival, fühlten sich angesprochen, schauten zu, machten mit und lernten sich kennen. Zum Beispiel im Saalbau Krone im Stadtteil Lechhausen. Das Vereinsheim des Oberbayrischen Volkstrachtenvereins war ein beliebter Fixpunkt, diente als Festivalzentrale, Mittagstisch und Veranstaltungsort. Ebenso der Saal der Alevitischen Gemeinde, in dem das Festival viele Abende zu Gast war.

„Das Brechtfestival hat durch die besondere Gastfreundschaft der Alevitischen Gemeinde und des Trachtenvereins im Saalbau Krone dieses Jahr eine neue Heimstatt bekommen. Auch dieser Gastfreundschaft ist es zu verdanken, dass das Brechtfestival die ganze Vielfalt kultureller Zugänge unserer Stadt abbildet.“, so Jürgen K. Enninger, Kultur-, Sport- und Welterbereferent der Stadt Augsburg. „Mein ganz besonderer Dank gilt dem Festivalleiter Julian Warner, seinem Team, sowie dem Brechtbüro der Stadt Augsburg, aber auch den unterschiedlichsten Initiativen, die sich mit so großer Begeisterung des Themas 125 Jahre Brecht angenommen haben. Kultur ist der Puls einer Stadt. So kraftvoll und energetisch war er bisher selten zu spüren!“, so Jürgen K. Enninger weiter.

Das durch Beiträge u.a. im ZDF, bei 3Sat, ARTE, Deutschlandfunk und der FAZ auch überregional wahrgenommene Programm umfasste 31 gut bis sehr gut besuchte Einzelveranstaltungen an denen etwa 400 Künstlerinnen und Künstler beteiligt waren.

Unterschiedliche Standpunkte als zentrales künstlerisches Motiv

Das Ringen um unterschiedliche Standpunkte, das Aushalten der Widersprüche, war ein zentrales Motiv im Brechtfestival. „Zusammenleben in der Stadt heißt Aufeinandertreffen, verschiedene Interessen, heißt Reibung, heißt Konflikt! Und nur im Raum des Streits können die Ausgegrenzten gegen das Unrecht protestieren. Deshalb sagen wir: Her mit den scharfen Kanten! Her mit dem Gebell und dem Geheul!

Her mit den rauen Oberflächen, der Wut, dem Widerspruch, dem Dissens und der Uneinigkeit!“, rief die Saalsprecherin (Hanna Binder) in der Wrestlingshow „Kampf um Augsburg“ dem Publikum so treffend zu.

Nicht nur künstlerisch, durch Diskurse, mit Tanz, Humor und partizipativen Projekten, sondern auch durch „kollektives Erinnern“ wendete sich das Brechtfestival gesellschaftlichen Konfliktlinien zu: Der Abschluss am 19. Februar war mit der Veranstaltung „Say Their Names“ in der Brechtbühne des Staatstheaters dem Gedenken an die Opfer der rassistischen Morde in Hanau vor genau 3 Jahren an diesem Tag gewidmet.

„Wir haben gemeinsam gewebt, getanzt, gelauscht, diskutiert, musiziert, gekämpft, paradiert, reflektiert, geschwitzt, gelacht und geweint. Zehn Tage lang haben wir die Brecht‘sche Welt erforscht. Und wir fanden die Zukunft des dialektischen Theaters nicht auf der Guckkastenbühne, sondern in selbstorganisierten Kulturräumen in Lechhausen. Der Anfang ist gemacht. Und mein Team und ich haben Lust auf mehr. Auf nach Augsburg-Oberhausen!“, erklärt der Künstlerische Leiter des Brechtfestivals, Julian Warner.

Langfristige Prozesse sind angestoßen

Einige der im Festival angestoßenen Prozesse laufen bis 2025 weiter, also die gesamten drei Jahre, in denen Julian Warner die Künstlerische Festivalleitung innehat. Zum Beispiel die „anwachsende“ Ausstellung im Brechthaus „The History of Brecht’s People“. Auch das Demokratieexperiment der Organismenrepublik Augsburg hat gerade erst begonnen und läuft auch zwischen den Festivals weiter (Interessierte wenden sich an info@clubreal.de). Das Hörfeature „Der Geist der Taverne“ von Dorothea Schroeder und Thomas Kitsche über Lechhauser Kneipen ist online zugänglich (https://qrco.de/bdfLSu) und die Gastkünstlerin im Brechthaus, Anastasia Patlay, ist zehn Monate vor Ort und arbeitet u.a. an einer Produktion für das kommende Festival.

Das Brechtfestival 2024 findet vom 23. Februar bis 3. März statt.

Das Brechtfestival Augsburg wird veranstaltet vom Brechtbüro im Kulturamt der Stadt Augsburg in Kooperation mit dem Staatstheater Augsburg.

Kulturamt der Stadt Augsburg
Brechtbüro
Bahnhofstraße 18 1/3a
D-86150 Augsburg
brecht(at)augsburg.de
+49 821 32434270

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Das Literaturprogramm wird realisiert mit freundlicher Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst.

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„Zur Poesie und Praxis des Trainierens - Lyrik-Werkstatt, Vortrag und Lesung“ ist Teil des Projekts „Halbzeiten“ von Burg Hülshoff – Center for Literature (CfL), des Günter-Grass-Hauses (Lübeck) und des Brechtfestival Augsburg. Gefördert durch die Stiftung Fußball & Kultur EURO 2024 gGmbH aus Bundesmitteln auf Beschluss des Deutschen Bundestags. „Halbzeiten“ ist ein offizieller Beitrag zum Kunst- und Kulturprogramm zur UEFA EURO 2024TM.

BRECHT BREAKS! und BRECHT BITES! werden ermöglicht durch die Stabsstelle Kulturelle Bildung/MEHR MUSIK!. Gefördert durch den Kulturfonds Bayern/Bildung, die Arno-Buchegger-Stiftung.

Die Brechtnacht: NO FUTURE sowie die Türkischen und Bayerischen Tänze werden gefördert vom Bezirk Schwaben.

Community Arts Lab Augsburg (CALA) ist ein Projekt von Julian Warner in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe und der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt. Finanziert durch den Fonds Darstellende Künste.

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