Club Real - Organismenrepublik Augsburg - das Parlament hat getagt

Seit Februar hat Augsburg eine eigene Organismenrepublik!


Warum sollen nur Menschen entscheiden, wie es mit der Welt weitergeht? Was ist mit den anderen Lebewesen, die mit uns auf der Erde zusammenleben? Im Multispezies Stadtprojekt von Club Real haben die unterschiedlichsten Organismen eine Stimme. Ihr Staatsgebiet umfasst die historischen Wallanlagen rund um das Rote Tor.


Nachdem die Republik in der konstituierenden Versammlung beim Brechtfestival im Februar ausgerufen wurde, fand am 1. Juli 2023 das erste Parlament mit 14 ausgelosten Organismenvertreter*innen statt.

Die Versammlung fand bei schönem Wetter auf der großen Wiese der Parkanlage am Roten Tor statt und wurde vom Grandhotel Cosmopolis-Chor und zahlreichen Schaulustigen begleitet.

14 Parlamentarier*innen sprachen zur Eröffnung einen feierlichen Eid, in dem sie gelobten im Namen ihrer Spezies zu sprechen und für das Gemeinwohl der Organismenrepublik zu handeln.
Die erste Amtshandlung bestand in der Abstimmung über die fortan gültige Präambel der republikanischen Verfassung. Die verfassungsgebende Versammlung hatte dazu im Februar zwei verschiedene stichwortartige Vorschläge gemacht, die den Parlamentarier*innen nun als ausformulierte Entwürfe vorgelegt wurden.Mit deutlicher Mehrheit entschied sich das Parlament schließlich für folgende Präambel:

„Wir, die Lebewesen der Roten Tor Wallanlage Augsburg, bestehend aus mehr als 600 unterschiedlichen Spezies, die in den Bundesgebieten Kräutergarten, Bäche, Wald, Wiese und Mauern zusammenleben, geeint durch den Willen eine selbstbestimmte, auf gerechtem Austausch fußende Multispeziesgesellschaft zu sein, geben uns folgende Verfassung, die in einem partizipativen, demokratischen Verfahren erarbeitet wurde.“

Im anschließenden parlamentarischen Betrieb wurde über eine Reihe von Anträgen beraten und abgestimmt, die allesamt das Ziel hatten, die Interessen einzelner Spezies mit Blick auf das Gemeinwohl im Park zu stärken.

So forderte die Gefleckte Schüsselschnecke (vertreten von Gabi Taré) ein neues Feuchtbiotop im Staatsgebiet um der eigenen Spezies und anderen Organismen mehr Entfaltungsmöglichkeiten im Park zu ermöglichen.
Die Rosskastanienminiermotte (vertreten durch Christoph Heidl und einer Schulklasse der Montessori Schule Augsburg) sprach sich in ihrem Antrag für das Ausbringen von Kastanienkeimlingen an einem für den Menschen unzugänglichen Ort im Park aus. Die Maßnahme soll die eigene Spezies vor Fressfeinden schützen und zugleich einem resilienten Ökosystem im Park dienen.
Der Hakenkäfer (vertreten durch Nico Kleitsch) machte sich in seinem ersten Antrag für ein „Rewilding“ des Stadtgrabens stark. Durch den Abbau künstlicher Verschalungen soll eine bessere Wasserdynamik geschaffen werden. So können sich Pflanzen und Kleinstorganismen besser an den Ufern niederlassen. In seinem zweiten Antrag formulierte der Hakenkäfer die Bitte, künstliche spiegelnde Flächen im Staatsgebiet zu reduzieren. Seine Spezies orientiert sich beim Flug an Oberflächen. Spiegelungen schaffen hier eine Gefährdung, die immer wieder zu vermeidbaren Unfällen führt.
Der Gingko, der bislang als Einziger seiner Art im Staatsgebiet lebt, beantragte die Zuwanderung einer weiblichen Gefährtin, um sich seinen heimlichen Kinderwunsch zu erfüllen. Durch die Pflanzung eines weiblichen Gingko Baums in näherer Umgebung, werden Nüsse produziert, die auch für die Spezies Mensch als Delikatesse gelten.
Der letzte Antrag der dreistündigen Sitzung sah die Errichtung einer Gedenktafel zur Ehrung aller Mikroorganismen vor. „Bakterien sind zwar in aller Munde, dennoch wissen nur wenige über Bakterien und ihre wichtigen Aufgaben Bescheid“, erläuterte Georg Reinhardt von der Künstlergruppe Club Real als Vertreter der Regiella insecticola. Es gehe also darum, den Mikroorganismen für ihre vielfältigen Aufgaben für alle Spezies zu danken und Aufklärungsarbeit zu leisten.

Die sechs genannten Anträge wurden in Rücksprache mit dem anwesenden Expertengremium vom Amt für Grünordnung auf ihre prinzipielle Umsetzbarkeit hin geprüft und in offener Abstimmung vom Parlament beschlossen. Abgelehnt wurde dagegen der Antrag des Bibers (vertreten von Gabi Coura) auf freie Entfaltung als Ökosystemingenieurin im Parkgebiet. Dafür, so die einhellige Meinung seien verschiedene Gebiete jenseits des Staatsgebiets (etwa im Siebentischwald) besser geeignet.

Das Parlament endete mit der Wahl der Buddlerinnen als ausführendem Organ der Organismenrepublik. Sie übernehmen die Aufgabe, die gefassten Beschlüsse umzusetzen.
Inwieweit das gelingt und ob die Parlamentarier*innen durch die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen ihrer eigenen Verfassung gerecht werden soll beim kommenden Brechtfestival im Februar 2024 im „Justizpalast“ verfassungsgerichtlich überprüft werden.

Das Brechtfestival Augsburg wird veranstaltet vom Brechtbüro im Kulturamt der Stadt Augsburg in Kooperation mit dem Staatstheater Augsburg.

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